Dunkelheit in den Gedanken.
Der Tag ist noch nicht angebrochen. Dunkelheit liegt in den Straßen. Der Frühnebel umhüllt das startende Leben in den Tag.
Aus den Laken getrieben. Raus in die wilde Natur der Stadt. Der nahe Park bietet Roger die passende Umgebung. Bäume, Schattenspender, Regenschirm, Lebensort für vieles Kleingetier. Ein Ort des Lebens. Der Park das beste Revier dazu. Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Ein Traum.
Vor zwei Tagen bekam Roger diese eine Nachricht: Plasmozytom. Nun erscheint ihm dieser Park wie ein Monster. Hinweg die Liebe bei Wind und Wetter zum Laufen. Im Moment ist es ein Zwang. Ein Zwang, um wenigstens etwas Ruhe seinem Geist zu gönnen. Roger versteht die Welt nicht mehr. Sein Leben hat er gesund gestaltet, hin und wieder etwas über die Stränge geschlagen, why not. Gehört dazu. Der Sport ein fester Baustein seines Lebens. Dieses Monster könnte ein Lied über seine Lauferei singen. Wetter egal. Die richtigen Klamotten und ab die Post. 60 Minuten. 60 Minuten mindestens 3x die Woche. Mit voller Inbrunst, besonders im Frühjahr und Herbst. In der Früh. Kurz bevor die Sonne aufgeht. Dieses besondere Licht. Die Natur erwacht für den Tag. Das Leben breitet sich aus. Im Frühjahr, wenn die ersten Triebe zu sehen sind oder im Herbst, wenn die welken Blätter den Boden säumen, es raschelt. Jetzt sieht Roger nur noch Monster, die dunkle Kruste der Bäume, durchsetzt mit Furchen, Kantig. Die Birke. Äußerlich weiß, dunkle Ringe mittendrin, umschwirren ihn wie die Zellen des Todes. All diese Monster, die sein Knochenmark befallen. Jeder Baum eine Krebszelle, die nach und nach den Kreislauf seines Lebens aufhält, als Folge daraus: Zerstörung. Ein Entrinnen ist nicht möglich. Ende offen und doch gewiss.
Holger Sommer,
nachdem ich die Nachricht über die Krebserkrankung meines Vaters erfuhr.